Page 24 - Projektmanagement? - Unternehmensberatung!
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Auch damals war er glücklich, nämlich als er Ute Kleinfeld kennenlernte. Das war
als Ute ihn in der Olympiahalle bei einem Konzert von Richard Clayderman rein
zufällig traf. Beide waren damals jung, und beide waren damals schon bei "Top
Equip Industries" angestellt, dass einige Jahre später dann aber in "Top Equip Au-
tomotive" umbenannt wurde, warum auch immer, wahrscheinlich da man sich
hier eine bessere Reputation bei den Automotivkunden versprach. Ute Kleinfeld
wurde zwei Jahre später seine Ehefrau. Als sie in der Wies-
kirche in Steingaden heirateten, wurde "Ballade pour Adeline", sogar von
Richard Clayderman selbst, gespielt. Man hatte damals keine Kosten gescheut;
alles sollte perfekt sein. Allerdings hatten die beiden keine Kinder. An wen das
lag, war aber uninteressant, man machte sich nie gegenseitig irgendwelche
Schuldvorwürfe. Roland und Ute waren happy. Roland war so zufrieden, dass
er eine so liebe und gute Frau gefunden hatte, und Ute war glücklich, so einen
ruhigen und zuverlässigen Gatten zu haben.
Die Welt änderte sich dann aber schlagartig, als Roland Hohenstedt vor fünf Jahren diesen Autounfall
hatte. Er war auf der Autobahn von Stuttgart nach München unterwegs, auf der Höhe der Ausfahrt
Merklingen, als plötzlich ein LKW auf die Überholspur ausscherte. An viel konnte sich Roland nicht
mehr erinnern, nur noch, dass alles schnell, aber auch alles gleichzeitig wie in Zeitlupe ablief. Der LKW
rüber auf seine Fahrbahn, Bremse treten, Fahrzeug schlingern, ... dann war alles schwarz vor Augen.
Später hat man ihm erklärt, dass er keinerlei Schuld am Unfallhergang hatte, aber das nutzte ihm nicht
viel. Er wachte auf im Krankenhaus, aus einem künstlichen Koma, und er fühlte seine Beine nicht mehr.
Was konnte es Schlimmeres geben? Wenn er wohl seine liebe, gute und fürsorgliche, Ute nicht gehabt
hätte, er wäre wohl auch noch depressiv geworden. Eine Reihe von Krankenhaus- und Reha-Aufent-
halten folgten, die Lähmung blieb aber.
An den Job als Teamleiter Kalkulation dachte er nicht mehr. Der wurde notgedrungen auch schon von
einem seiner ehemaligen Kollegen besetzt. Man bot ihm die Stelle dennoch wieder an, aber Roland
lehnte dankend ab. Er war aus dem Takt, er konnte nicht mehr ruhig sitzen, geschweige sich noch auf
irgendeine Kalkulation konzentrieren. Seine Frau war die Personalleiterin und die hatte dann auch die
zündende Idee für ihn. Sie sagte: "Nur Zuhause, das ist nichts für Dich. Du hast eine Menge Erfahrung,
kennst durch deine Kalkulationen das ganze Unternehmen und alle Arbeitsabläufe. Wie wär's denn,
wenn Du als Koordinator für neue Kollegen den Dienst eines Paten übernimmst?" Erst wusste ihr Mann
mit dem Vorschlag nichts anzufangen. Aber nach einigen Überlegen, kam er zum Schluss, dass das wohl
ein nicht zu unterschätzender Job sein würde. Jungen Menschen, die neu ins Unternehmen kommen,
helfen, unterstützen, ihnen die Angst vor dem Ungewissen nehmen. Das wäre eine schöne Aufgabe.
Die Stelle wurde also neu geschaffen und der Job machte nicht nur Freude, sondern man hatte auch
seine Erfolgserlebnisse.
Nach einem kurzen Schütteln kam Roland wieder zurück zur Besprechung. "Ja, stimmt, Kleider machen
Leute", das hatte er zuletzt gedacht, bevor er day-dreaming für ein paar Minuten weggetaucht war.
Frau Gall stand wieder an ihrem Flip-Board und hatte nun mittlerweile schon den dritten Punkt hinge-
schrieben. Er hörte noch, wie Belinda Gall sagte: "Zuständigkeiten sind nicht immer definiert. Das beste
Beispiel ist wohl, das hat sich bei den Workshops gezeigt, dass den Kollegen oft nicht bekannt ist, wer
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© Hans Porzel, 4/2025 | CAPM® (PMI), PSM I® (Scrum.org), Smartsheet Prod. Cert® 2020

